Viele Menschen, fast alle von ihnen mit Down-Syndrom, sitzen auf bunten Sofas und tragen zwei verschiedene Socken an den Füßen.Logo
21.03.2023

Unsere Forderungen zum Welt-Down-Syndrom-Tag

Immer am 21.3. wird der Welt-Down-Syndrom-Tag gefeiert. Weil bei Menschen mit Down-Syndrom das 21. Chromosom dreimal vorhanden ist. Darum feiern wir heute. Aber wir haben auch Forderungen.

Viele Mitglieder des Ohrenkuss-Teams finden den Welt-Down-Syndrom-Tag gut. Ein Tag für mehr Sichtbarkeit, mit bunten Socken und einen Tag lang viele Aktionen an vielen Orten auf der ganzen Welt - super!

Julian Göpel findet:
"Ich finde es gut, dass heute ein besonderer Tag ist!"

Sein Kollege Zhenya Holubentsev ergänzt:
"Heute ist Welt-Down-Syndrom-Tag. Das feiern wir. Mit Bier!"

Aber: Wir wollen heute nicht nur feiern. Denn dafür dass es den Welt-Down-Syndrom-Tag braucht, gibt es ja einen Grund: Menschen mit Down-Syndrom werden oft nicht mitgedacht, nicht gefragt und an vielen Stellen entscheiden andere über ihr Leben. Darum wollen wir heute nicht nur feiern. Wir wollen auch reden.


Genau vor einem Jahr haben einige Mitglieder des Ohrenkuss-Teams Jürgen Dusel getroffen. Er ist der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung. Er wollte von uns wissen: Welche politischen Forderungen haben Menschen mit Down-Syndrom? Was muss sich ändern? Die Antworten von vor einem Jahr findet ihr hier. In diesem Jahr ziehen wir Bilanz: Was hat sich seitdem getan? Gibt es Veränderungen? Darum haben wir zu sechs Forderungen aus dem vergangenen Jahr noch einmal gearbeitet.

Forderung 1: Mehr Sichtbarkeit

Vor einem Jahr hat Natalie Dedreux gefordert:
"Die Menschen sollen sehen, dass wir da sind."

Jetzt, ein Jahr später, besprechen wir in der Redaktion: Wie stand es im vergangenen Jahr um die Sichtbarkeit von Menschen mit Down-Syndrom?
Julian Göpel findet:
"Das kann noch viel besser werden. Sichtbare Menschen mit Down-Syndrom sind wichtig."

Paul Spitzeck sieht aktuell schon Fortschritte zu diesem Thema. Er diktiert:
"In den USA gibt es schon mehrere Filme, wo Menschen mit Down-Syndrom Schauspieler sind. Und ich glaube, auch hier verändert sich was. Leroy Matata hat gefragt, ob ich Interesse an einem Video habe zusammen mit einer Person, die eine Spastik hat. Dass wir uns treffen und darüber reden, wie wir leben und was wir machen, welche Hobbys wir haben. Viele Menschen haben das Video gesehen und schreiben Kommentare. Dass sie eine Scheibe von mir abschneiden möchten, dass ich ein Vorbild bin für wir alle, die mit Down-Syndrom leben. Das Video hat schon viele Aufrufe, fast eine Millionen."

Auch Natalie Dedreux findet: Zum Thema Sichtbarkeit gibt es Bewegung - aber die Fortschritte könnten deutlich größer sein. Sie sagt:
"Ich finde es extrem wichtig, dass wir uns alle sichtbar machen. Es ist halt wichtig, dass mehr auf uns geachtet werden muss. Das ist bis jetzt nur manchmal so." 

Michael Häger hat auch schon eine Idee, wie man das erreichen kann. Er diktiert:
"Menschen mit Down-Syndrom in Zeitung und Film. Mehr Menschen mit Down-Syndrom im Fernsehen. Im ZDF!"

Kommen wir zur zweiten Forderung von vor einem Jahr. Ansgar Peters hat sie formuliert:

Forderung 2: mehr Arbeitsplätze für Menschen mit Down-Syndrom auf dem ersten Arbeitsmarkt und faire Bezahlung in der Werkstatt

Daniel Rauers arbeitet in einem Café. Damit ist er sehr zufrieden. Sein Arbeitsplatz ist aber ein Werkstattarbeitsplatz. Für seine Zukunft kann er sich auch etwas anderes vorstellen. Er sagt:
"Das kann ich mir vorstellen! Es gibt noch mehr Arbeitsplätze. Es gibt Leute, die feste Arbeitsplätze und einen Arbeitsvertrag haben. Ich könnte mir vorstellen, einen festen Job zu haben."

Angela Fritzen kann sich nicht vorstellen, in einer Werkstatt zu arbeiten. Sie diktiert:
"Ich habe mal in einer Werkstatt gearbeitet. Aber ich bin zu fit für die Werkstatt. Ich brauche da nicht zu arbeiten! Jetzt habe ich einen harten Job, schon seit 30 Jahre, in einem Altenheim. Und in der Werkstatt kriegt man weniger Geld. Ich bekomme mehr Geld von meinem Arbeitsgeber. Und ich würde auch gerne mal woanders arbeiten. Zum Beispiel in Niedersachsen. In die Werkstatt will ich überhaupt nicht!"

Teresa Knopp fordert:
"Ich wünsche mir einen fairen Lohn. Dass alle Menschen das gleiche Geld für ihre Arbeit bekommen. Dass es keine Grenzen und Ungleichbehandlung gibt."

Natalie Dedreux findet:
"Auf Arbeitsrechte wird bei Menschen mit Down-Syndrom null geachtet!"

Und Paul Spitzeck hat einen Appell zum Thema Arbeit:
"Ich will Leute mit Down-Syndrom von der Werkstatt ablösen.
Ihr könnt selber bestimmen, wo Ihr gerne arbeiten möchtet. Ich weiß, wie das ist, in einer Werkstatt zu arbeiten. Ich habe das auch mal gemacht, das ist totale Verschwendung! Die denken, dass wir nicht lesen können und nicht rechnen können. Das ist alles Quatsch! Wir sind so wie alle sind. Schätzt uns nicht falsch ein! Wir können auch etwas anderes als in der Werkstatt zu arbeiten!"

Forderung 3: mehr Informationen in Leichter Sprache

Menschen mit Down-Syndrom sind klug. Sie wollen ein Leben lang Neues lernen. Sie interessieren sich für viele Themen. Damit sie sich gut informieren können, brauchen sie Informationen in Leichter Sprache - und davon gibt es noch viel zu wenige in Deutschland. Darum fordert Daniel Rauers:
"Es geht um die Leichte Sprache. Mache Menschen haben Schwierigkeiten, weil sie nicht gut lesen können oder Schwierigkeiten mit dem Lernen haben. Ich habe mir eine Forderung überlegt: Wir brauchen Leichte Sprache! Damit alle alles gut verstehen können."

Seine Kollegin Teresa Knopp pflichtet ihm bei:
"Ich will mehr einfache und verständliche Sprache! Manche Wörter sind echt total kompliziert und schwierig."

Und Paul Spitzeck zählt einige Beispiele auf, wo er Leichte Sprache vermisst:
"Alle sollen Leichte Sprache benutzen. Auch die Leute, die wichtige Briefe schreiben. Das versteht keiner! Auch die RheinEnergie oder die Postbank, lernt mal Leichte Sprache, Leute!!"

Forderung 4: respektvoll mit Menschen mit Down-Syndrom sprechen

Oft wird im Alltag mehr über Menschen mit Down-Syndrom gesprochen als mit ihnen. Und viele Mitglieder des Ohrenkuss-Teams finden: Die respektvolle Kommunikation mit Menschen mit Down-Syndrom muss besser werden! 

Julian Göpel findet:
"Eigentlich hat sich das nicht groß verändert. Ich sage nur eins: Respekt!"

Seine Kollegin Marley Thelen sieht eine Veränderung. Sie sagt:
"Im letzten Jahr hat niemand zu mir Downie gesagt. Dann fühle ich mich richtig wohl."

Teresa Knopp ist genervt davon, dass sie oft geduzt wird. Sie wünscht sich:
"Ich finde, dass wir oft wie Kinder behandelt werden. Ich will behandelt werden wie eine erwachsene 28-jährige Frau. Und ich will auch mit Respekt angesprochen werden.
In meiner Umgebung sagen die Menschen du zu mir, Freunde und Bekannte. Aber wenn mich jemand mit du anspricht, der mich nicht kennt, dann sage ich: Hey Leute, ich bin die Frau Knopp."

Paul Spitzeck findet: Das Wort Donnie geht gar nicht klar! Er diktiert:
"Ich finde das sehr gut, dass wir Rechte haben. Alle müssen sehen: Wir haben Menschenrechte. Wenn Leute auf der Straße mich Downie nennen – das ist nicht ok. Das ist kein Spitzname. Ich heiße Paul, und ich habe auch einen Nachnamen!"

Forderung 5: bessere Gesetze zum Thema Klima- und Umweltschutz

Viele Mitglieder des Ohrenkuss-Teams interessieren sich für Politik. Darum sind ihnen nicht nur Themen wichtig, die mit dem Down-Syndrom zu tun haben. Auch Umwelt- und Klimaschutz beschäftigt die Redaktion genauso wie viele andere Menschen auch.

Marley Thelen hat eine klare Forderung an die Politik. Sie findet:
"Die Gesetze zum Thema Umwelt müsst Ihr echt noch mal neu machen! Umweltschutz muss besser werden."

Natalie Dedreux ergänzt:
"Es sterben so viele Tiere im Meer. Die müssen besser geschützt werden! Es darf nicht mehr soviel Dreck in die Meere gelangen!"

Paul Spitzeck liefert die nötige Motivation dazu:
"Wir brauchen die Natur! Macht bessere Gesetze zu dem Thema! Damit die Natur überlebt! Ihr könnt das!"

Forderung 6: Frieden in der Ukraine

Paul Spitzeck formuliert diese Forderung:
"Putin gehört ins Gefängnis! Die Ukrainer haben auch Rechte! Ich will, dass die ihre Freiheit wieder haben. Weil es richtig übel ist, dass so viele Leute sterben. Wozu sind Kriege da?"

Sein Kollege Zhenya Holubentsev kommt aus der Ukraine. Seit fast einem Jahr lebt er hier bei uns in Bonn. Er ergänzt:
"Freiheit der Ukraine!"

Das sind die Forderungen des Ohrenkuss-Teams zum Welt-Down-Syndrom-Tag 2023. Zu diesen Themen möchten wir ins Gespräch kommen. Sie sind uns wichtig. Möchtet Ihr auch darüber reden? Dann meldet Euch gerne bei uns.