Intro
Die Mode-Designerin Isabella Springmühl
Quelle: Down to Xjabelle
Ohrenkuss interviewt Isabella Springmühl
Vor einiger Zeit hat die Ohrenkuss-Redaktion eine E-Mail bekommen.
Es war eine Anfrage von kubia.
Sie machen die Zeitschrift Kulturräume.
Sie haben angefragt, ob Ohrenkuss Interview-Fragen sendet.
Fragen für ein Interview mit Isabella Springmühl.
Wir haben natürlich sofort ja gesagt!
Vielen Dank für die spannende Anfrage - es war uns ein Vergnügen!
Natalie Dedreux und Andrea Halder interessieren sich sehr für Mode.
Darum waren sie begeistert, Frau Springmühl spannende Fragen nach Guatemala zu senden.
Almuth Fricke hat ihre Fragen ins Spanische übersetzt.
So konnte Isabella Springmühl sie verstehen.
Und die Antworten wurden von ihr wieder ins Deutsche zurück-übersetzt.
So könnt Ihr sie jetzt hier lesen und verstehen!
Danke dafür an Almuth Fricke!
Ohne ihre Sprach-Kenntnisse und ihre Idee hätte es dieses Interview nicht gegeben.
Wer ist Isabella Spingmühl?
Isabella Springmühl ist 20 Jahre alt.
Sie ist die erste Mode-Designerin mit Down-Syndrom.
Sie kommt aus Guatemala.
Sie entwirft Mode.
Ihre Mode ist sehr bunt.
Sie wird aus besonderen Stoffen gemacht.
Hier kann man sie sehen und kaufen.
Ihre Mode wurde schon bei Moden-Schauen in verschiedenen Ländern gezeigt.
Zum Beispiel auf der Fashion Week in London.
[Fashion Week heißt übersetzt Mode-Woche.
In dieser Woche zeigen viele Designer ihre neue Mode.]
Quelle: Down to Xjabelle
Hier kommen die Fragen der Ohrenkuss-Redaktion an Isabella Springmühl:
Welche Art von Mode machen Sie?
Ich mache Mode, die modern ist.
Meine Mode soll allen Menschen passen: Menschen mit Down-Syndrom, Schwangeren, Kindern und Erwachsenen.
Können Sie ihre Mode für uns beschreiben?
Ich verwende viele Stoffe aus Guatemala.
Gewebte Stoffe, Baumwoll-Stoffe und Seiden-Stoffe.
Sie sind sehr bunt und einzigartig in der Welt.
Machen Sie auch Taschen und Haarschmuck?
Ja, ich stelle Taschen her.
Ich habe eine sehr besondere Tasche entworfen.
Sie heißt MASHTATE.
Die verkauft sich am besten.
Ich mag es, wenn meine Models Blumen im Haar tragen.
Denn ich liebe die Natur mit all ihren Farben.
Für meine Modenschauen entwerfe ich sehr hübsche Blumen-Kränze.
Welche Kleidungsstücke entwerfen Sie am liebsten?
Eigentlich alle.
Ich mag Kleider, Blusen, Jacken, Westen.
Ich selbst trage gern „Huipiles”.
Das sind hand-gewebte Schulter-Tücher, die die Indio-Frauen in meinem Land tragen.
Sie sind wunderschön und sehr bunt.
Jede Region in Guatemala hat unterschiedliche „Huipiles“.
Sie kennen sich gut mit Farben aus.
Die Farb-Kombinationen sehen schön aus.
Wie wählen Sie die Farben aus?
So wie es mir gefällt.
Guatemala ist überall voller Farben.
Die Stoffe sind besonders farbenfroh.
Ich kombiniere Textilien mit anderen Fasern und füge Fransen, Bommel oder Leder hinzu.
Woher bekommen Sie die Stoffe für Ihre Mode?
Alle Stoffe werden von Hand gewebt von Handwerkerinnen aus Guatemala.
Außerdem habe ich Lieferantinnen, die mir echte „Huipiles“ beschaffen.
Was bedeutet der Name Ihres Modelabels „Down to Xjabelle"?
Meine Großmutter hatte 34 Jahre lang eine Schneider-Werkstatt.
Die hieß Xjabelle.
Das Atelier wurde geschlossen, als meine Tante starb.
Als ich mit dem Mode-Design begonnen habe, hat meine Mama mir diese Geschichte erzählt.
Deshalb habe ich entschieden, dass meine Marke „Down“ heißen soll, weil ich das Down-Syndrom habe, und Xjabelle nach dem Atelier meiner Großmutter.
Sie entwerfen auch Mode speziell für Menschen mit Behinderung.
Was ist das Besondere an dieser Mode?
Ich entwerfe Mode für Menschen mit Down-Syndrom, weil unser Körper besondere Eigenschaften hat:
Kurze Taille, breiter Hals, kurze Arme und Beine.
Es ist schwer für uns, passende Kleidung zu finden.
Deshalb habe ich mich von Personen inspirieren lassen, die wie ich sind.
Wo arbeiten Sie?
Haben Sie ein Atelier?
Wie sieht es aus?
Ich habe ein Atelier bei mir zu Hause.
Dort arbeiten 4 Näherinnen und Stickerinnen.
Ich mache meine Entwürfe, wähle die Farben und Stoffe aus und sie fertigen die Stücke dann an.
Verdienen Sie mit Ihrer Mode genug Geld, um davon zu leben?
Nein, noch nicht.
Aber ich hoffe, ich kann bald meine Entwürfe in der ganzen Welt verkaufen.
Was kostet Ihre Mode?
Das ist unterschiedlich.
Ein Kosmetik-Täschchen kann 12 Dollar kosten, aber auch 200 Dollar, wenn es handgewebt ist.
Wollten Sie schon immer Mode-Designerin werden?
Auch schon als Kind?
Ja, schon als Kind habe ich Kleider gezeichnet und sie dann aus Stoff-Resten für meine Puppen gemacht.
Welches war das erste Kleidungsstück, das Sie gemacht haben?
Und wie alt waren Sie da?
Ich habe eine Weste genäht.
Da war ich 18 Jahre alt.
Von wem haben Sie Nähen gelernt?
Ich lerne es gerade in einem Kurs, den ich jede Woche besuche.
Sie wollten zuerst Modedesign studieren.
Sie wurden abgelehnt.
Wie hat die Universität das begründet?
Ich wurde nicht für die Universität zugelassen, weil ich das Down-Syndrom habe.
Das war der Grund, der mir genannt wurde.
Haben Sie einen Schul-Abschluss gemacht?
Und wenn ja, welchen?
Ja, ich habe einen Abschluss, der so ähnlich ist wie das Abitur in Deutschland.
Nachdem Sie von der Uni abgelehnt wurden, haben Sie Ihr eigenes Atelier gegründet. Wie haben Sie das geschafft?
Mit der Hilfe und Unterstützung von meiner Mama und meiner Familie.
Heute habe ich 2 Boutiquen in Guatemala, in denen meine Mode verkauft wird, und außerdem einen Online-Shop auf meiner Internet-Seite.
Quelle: Down to Xjabelle
Sie leben in Guatemala.
Wie ist das Leben dort für Menschen mit Down-Syndrom?
Ja, ich liebe Guatemala.
Das Leben dort ist fröhlich.
Ich habe viele Freunde und treffe mich mit ihnen.
Ich gehe zum Beispiel gern ins Kino.
Und gerade drehe ich einen Kurz-Film mit meinen Freunden.
Er soll „Down with Music“ heißen.
Es ist eine Musik-Komödie, in der Menschen mit und ohne Down-Syndrom mit-spielen.
Wie leben Sie?
Ich lebe bei meinen Eltern.
Haben Sie eine eigene Wohnung?
Nein, aber ich möchte sparen, damit ich in eine eigene Wohnung umziehen kann.
Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Ich nehme Reit-Unterricht, Gesangs-Stunden und Tennis-Stunden und treffe mich mit meinen Freunden.
Woher kommt Ihr Nachname?
Er hört sich Deutsch an.
Hatten Sie deutsche Vorfahren?
Isabella ist italienisch und Springmühl ist deutsch.
Der Großvater meines Papas war Deutscher.
Er kam vor vielen Jahren nach Guatemala.
Wir haben gelesen: Sie wollen die Welt verändern. Wie wollen Sie das machen?
Ja, ich möchte das verändern, was ich verändern kann.
Ich habe schon Tabus gebrochen.
Die Leute sollen sehen: Wir Menschen mit Down-Syndrom können erreichen, was wir uns vornehmen.
Sie sollen sehen, was wir in unserem Herzen tragen.
Ich wünsche mir, dass die Gesellschaft Menschen mit Besonderheiten einbezieht.
Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Meine Mode exportieren, mit meinen Modeschauen unterwegs sein und Opern singen!
[Exportieren heißt: Sie will ihre Mode in anderen Ländern verkaufen.]
Quelle: Anne Leichtfuß, Ohrenkuss
Erstveröffentlichung in: Kulturräume +. Das kubia-Magazin. 7. Jg., Heft 13/2017