Intro
Ausgabe 25: Du bist ein Mensch
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000 Einleitung
Artikel
Wer hat eigentlich die Ohrenkuss-Redaktion für diese Ausgabe inspiriert?
Von Dr. Katja de Bragança, Chefredaktion und dem OHRENKUSS-Team
Die Fotografin Britt Schilling hatte spontan Zeit und kam nach Bonn, das Licht passte, es wurden zuvor schnell einige Herrenschlafanzüge gekauft und dann bekamen wir Einlass in das Kunstmuseum Bonn. Der phantastische weiße Raum mit den klaren Wünschen des Künstlers Erwin Wurm: Bitte sich auf den Boden legen und die grünen Tennisbälle unter den Körper legen, bitte hinstellen mit dieser Tasche auf dem Kopf, bitte mit den Gummibändern die Nationalhymne musizieren, bitte diesen Karton mit dem Bauch elegant an die Wand schieben, bitte auch noch den Kopf aufs Rollbrett legen und mit ihm auch noch eine WC-Ente balancieren… Haben wir alles sehr gerne gemacht!
Danke für die umwerfende Kunst: Erwin Wurm / Liquid Reality / Ausstellung im Kunstmuseum Bonn 25.3. – 6.6.2010.
Wir wurden auch von Hubert Hüppe inspiriert, dem Behindertenbeauftragten der Bundesregierung: Er schaffte es mit Hilfe von farbigen Gummibärchen, die komplizierten Begriffe wie Inklusion, Integration, Ausgeschlossensein zu erklären – und teilte auch noch mit, dass es Momente gab, an denen er sich auch mal so fühlte.
„Der Wolfsjunge“, ein Film von Truffaut (1969), das Theaterstück „menschen! formen!“ (eine gelungene Kooperation des Kölner Sommerblut Festivals und Theater HORA aus Zürich) als auch der sehenswerte spanische Film „Me too“ inspirierten und forderten uns mehr als heraus.
Aber ab wann ist man eigentlich ein Mensch? Dieser Frage gingen wir in einem Gorilla-Workshop nach (Dank an Anne Leichtfuß für die Durchführung).
Die schwierigste Aufgabe hatte jedoch Rosanna D’Ortona. Sie musste (weil wir so viele der Fotos verwenden wollten) die Textauswahl treffen – möglichst knapp. Gut gemacht! Und liebe Rosanna: danke für die fünf Jahre. Du bist ein wunderbarer Mensch.
004-013
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004 Claudine Egli, diktiert
Ich bin ein Mensch. Ich bin eine Frau. Ich bin eine schöne Frau, eine herzige Frau, eine lustige Frau, eine glatte Frau (glatt = schweizerdeutsch für lustig, originell). Eine schöne Frau geht in die Stadt, sie lismet (schweizer – deutsch für stricken) oder sie geht Kaffee trinken. Eine Menschin.
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006 Verena Elisabeth Turin, selbst in einer eMail geschrieben
Du bist ein Mensch, weil wir ganz verschiedene Meinungen und Grenzen und Gefühle und Freunde haben. Manchmal sind wir auch streng, gerecht. Menschen können auch kochen, Essen, Trinken, Schwimmen, Reden, Freundschaft schliessen und Zeit haben. Und sie können auch arbeiten gehen Auto fahren und Zugfahren, lesen, schreiben, Rechnen, zuhören.
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011 Svenja Giesler, diktiert Text für Hubert Hüppe
Ausgegrenzt. Man fühlt sich (darf ich ruhig sagen) scheiße und allein gelassen. Ausgegrenzt. Man fühlt sich mies. Man fühlt sich auch in Stich gelassen. Man möchte anerkannt werden. Ich möchte, dass die Menschen mich respektieren. Dass sie Respekt vor mir haben. Die sehen nicht an mir, wie ich mich fühle. Dass es mir Angst einjagt und dass es sehr erschreckend für mich ist. Die sehen die Menschen nicht. Nur ein Beispiel: Ich fahre mit meiner Mami in einem Bus. Es sind mehrere Leute drin, teils stehend, teils sitzend. Dann fangen die auf einmal an, mich anzustarren und denken folgendes: „Wie sieht die denn aus? Ich habe noch nie im Leben eine Behinderte gesehen. Wie sieht die denn aus?“ Und dann fühle ich mich scheiße und ich bin auch sehr traurig und in meinen Gefühlen verletzt. Ich möchte, dass es aufhört mit dieser Anstarrerei. Wirklich! Ich möchte respektiert werden – wie ich bin.
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Weitere Texte finden Sie im Ohrenkuss-Magazin Nr. 25: DU BIST EIN MENSCH
014-018
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014 Veronika Hammel, diktiert
Der Hund hat nur einen Kopf, aber der kann nicht denken. Sondern zum Bellen. Wenn man Sport macht, dann muss man nicht so viel denken. Manchmal fällt mir das Denken schwer. Nicht immer. Wenn man schwierige Fragen hat. Dann muss ich in Ruhe nachdenken. Außer man muss beim Tischtennis zählen: Dann muss man denken. Manchmal geht es schwer, manchmal geht es leicht. Wenn man Probleme hat, kann man auch darüber nachdenken. Die Gedanken sind frei. Man fühlt sich gut dabei. Dass man auch was anderes machen kann, wenn man lockerer wird. Man kann sich einiges phantasieren: Man kann malen und verschiedene Farben nehmen. Oder man kann nur Musik hören. Man könnte auch schlafen.
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017 Angela Fritzen, diktiert
Denken macht schlau. Denken kann sehr vieles. Was wir denken ist das Schreiben. Aber das Denken, das bleibt im Kopf. Das muss alles raus, was wir uns denkt. Wir denken nach, dass wir bei dem Ohrenkuss beim Schreiben zu nachzudenken. Denken macht schlau.
019-021
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019 Svenja Giesler, diktiert
Der Junge, der aus dem Dschungelwald kommt. Ihm wurden seine Gefühle verletzt, er konnte sich nicht mehr dagegen wehren. Er lebte in einer isolierten Natur, Wildnis. Es gibt ja Tiere nämlich, die leben auch in einer Wildnis. Er war halb Tier, halb Mensch. Einmal hat er großen Erfolg gehabt, der Herr Wissenschaftler und manchmal hat er Fehler gemacht und sehr schnell war er auch ungeduldig und auch streng. So wie es aussieht, dass sich der Wolfsjunge sich ändern schon möchte. Er ist auf dem besten Wege. Der Wolfsjunge.
022-030
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025 Hermine Fraas, zum Teil selbst geschrieben, zum Teil diktiert
Manchmal denke ich unser Hund von gegenüber benimmt sich besser als ein Mensch. Er folgt seinem Herrchen aufs Wort. Er bedankt sich mit Schwanz wedeln. Und ob der denken kann hat noch keiner erforscht. Aber ich denke der hat schon Gefühle wie ein Mensch. Und die merken auch wer es gut mit ihnen meint. Deshalb laufen mir auch auf der Straße die Hunde hinterher sogar im Ausland.
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027 Martin Weser, diktiert
Höflich, nett sein, lustig sein, gute Laune. Lachen ist gesund, fröhlich sein. Dass man nett mit den Leuten unterhalten kann. Man unterhält sich mit den Augen. In die Augen ab. Das ist sehr höflich.
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029 Anna Maria Schomburg, selbst mit der Hand geschrieben
Kinderstube nicht vergessen! Louis van Gaal. Der Trainer aus dem FC Bayern München meint mit der Kinderstube Erziehung von Kindern! Er achtet auf Höflichkeit, Pünktlichkeit, Ordnung und Respektheit! Er möchte klarmachen, dass Kinder Erziehung brauchen und die auch weitgehend umsetzen! Es ist richtig, wenn er sich für Kindererziehung einsetzt! Das finde ich auch worüber er sich Gedanken gemacht hat!
031-34
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033 Verena Günnel, diktiert
Alles unhöflich es gibt unhöfliche Menschen und Frauen und Männer, Jungs und Mädels, die sich so gemein sind. Manchmal Frauen schimpfen mich an, manchmal sind sie böse mit mir. Manchmal sind gemein zu mir. Da gehe ich weg. Bleibe ich ganz ruhig bleiben. Manchmal bin ich sauer, paar Leute schubsen mich. Mancher nennt mich falsche Name zu mir. Mancher redet nicht mit mir. Und manchmal darf ich nicht zwischenreden.
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034 Stefan Zajak, handgeschrieben
Ich bin ein Mensch, weil wir sind keine Säugetiere. Die Menschen tun nicht saufen und fressen. Wir essen und trinken alle gern. Ein Mensch muss manche Dinge können müssen. Fühlen und schmecken und schauen auf andere. Er kann zu den Leuten freundlich sein. Er muss lernen das man sich normal benimmt! Wenn ein Mann hergeht da muss er gut deutsch können. Aber er kommt aus Argentinien und sein Name heißt Semino Rossi. Hat er sich sehr bemüht beim Singen. Darum hat er jetzt so viel Platin.
035-039
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037 Tobias Wolf diktiert
Die Menschen wurden so erschaffen, weil sie Menschen sind. Ein Mensch hat zwei Beine und zwei Arme. Ein Mensch kann Musik machen und singen mit Noten und mit einer Stimme. Im Chor singen alle a capella. Wenn Menschen in einem Orchester spielen, spielen sie mit Instrumenten. Tiere können nichts so machen wie Menschen.
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038 Svenja Giesler, diktiert
Menschenaffen-Workshop: Wir Menschen, wir können besser lachen und wir können die Töne vom Lachen nicht so gut hinkriegen wie die Affen. Wir Menschen und die nächsten Verwandten (Schimpansen), wir haben es besser als die Gorillas mit dem Erkennen im Spiegel. Das besser (selbst) Erkennen als die Gorillas. Weil die Gorillas sonst sehr gefährlich werden. Jungs und Männer können besser klettern als Frauen und Mädchen, finde ich. Wir Menschen, unser Fell sind unsere Haare. Meine Haarfarbe ist naturwunderschönblond. Es gibt auch Schwarzund Rothaarige. Es gibt auch wunderschön so kastanienrot. Die Frauen, die rotes Haar haben, die werden bezeichnet als „Hexen“ und noch „altes Weib“. Das sind Schimpfwörter gegen uns Frauen.
Impressum
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Ohrenkuss …da rein, da raus – DU BIST EIN MENSCH
Das Magazin, gemacht von Menschen mit Down-Syndrom.
Ein Projekt der downtown – Werkstatt für Kultur und Wissenschaft.
Chefredaktion und Konzeption: Dr. Katja de Bragança
Textredaktion: Rosanna D’Ortona
AutorInnen: Lars Breidenbach, Aladdin Detlefsen, Claudine Egli, Angela Fritzen, Hermine Fraas, Svenja Giesler, Julian Göpel, Verena Günnel, Patrick Hangl, Veronika Hammel, Kaylynn, Björn Langenfeld, Marc Lohmann, Renate Schlögl, Anna Maria Schomburg, Marley Thelen, Verena Elisabeth Turin, Martin Weser, Tobias Wolf, Stefan Zajak
FernkorrespondentInnen: Julia Bertmann, Aladdin Detlefsen, Patrick Görres, Christiane Grieb, Veronika Hammel, Mandy Kammeier, Peter Keller (CH), Michaela Koenig, Achim Reinhardt, Dorothee Reumann, Anna-Maria Schomburg, Katja Sothmann, Verena Elisabeth Turin (I), Martin Weser, Josefine Wöhler, Tobias Wolf
Assistenz: Anne Leichtfuß, Peri de Bragança sowie eine Reihe von Unterstützerpersonen vor Ort
Geschäftsführung: Dr. Bärbel Peschka und Dr. Katja de Bragança
Finanzen und Lektorat: Dr. Bärbel Peschka
Vertrieb und Leserservice: Katja Melzner und Karin Klapperich
Konzeption und Gestaltung der gedruckten Ausgabe: Maya Hässig, luxsiebenzwoplus, Köln. www.maya-haessig.de
Druck: Druckhaus Süd, Köln. www.druckhaus-sued.de
Gestaltung/Realisation der www.ohrenkuss.de Seite: Magnus Neumeyer, Köln. www.stijl.de
Relaunch der www.ohrenkuss.de Seite mit weitgehender Barrierefreiheit: Tomas Caspers, Much. www.tomascaspers.de und Silvan Rehberger, Freiburg. www.youngbrain.com
Softwareberatung: Ralf Niemann, Bonn, www.redlabs.net
Foto: Britt Schilling, Freiburg www.brittschilling.de, Assistenz: Peri de Bragança
Styling/Make-up: Rosanna D’Ortona, Assistenz: Diana de Bragança
Fotomodels: Svenja Giesler, Michael Häger, Björn Langenfeld, Marley Thelen
Illustrationen: Marley Thelen und Marc Lohmann
Danke: www.kunstmuseumbonn.de, www.behindertenbeauftragter.de, www.sommerblut.net, www.hora.ch
Alle Texte sind von den Ohrenkuss-Autoren erstellt worden (handgeschrieben, auf dem Computer selbst geschrieben oder diktiert). Die Beiträge sind nicht zensiert oder korrigiert worden. Erklärungen sind in kursiver Schrift eingefügt.
Das Magazin Ohrenkuss ist ein Projekt von downtown – Werkstatt für Kultur und Wissenschaft.
© Urheberrecht und Copyright: 2010 downtown – Werkstatt für Kultur und Wissenschaft, alle Rechte vorbehalten.
Thema der nächsten Ausgabe: 1/2011 OmaOpa
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Ohrenkuss …da rein, da raus erscheint halbjährlich als gedrucktes Magazin (ISSN 1439-5118) und als online-Ausgabe: www.ohrenkuss.de
DS-Kultur: Verein zur Förderung und Unterstützung kultureller Arbeit von Menschen mit Down-Syndrom e.V., www.ds-kultur.de/
Konto: 3030 213 016 / BLZ 380 601 86 / Volksbank Bonn Rhein-Sieg / Stichwort: Ohrenkuss. Bei Spenden bis zu 200,00 EUR gilt der Einzahlungsschein als Spendenbeleg. Bei höheren Spenden geben Sie für die Zusendung eines Spendenbeleges bitte Ihre Adresse an.